Was verbindet die Chinesische Mauer, die Cheopspyramiden und den Kölner Dom? Welche Industrieanlage wurde zuerst in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen? Was ist ein sehenswertes Ausflugsziel für die ganze Familie? Was ist ein Hochofen, was ist eine Möllerhalle und was ist eine Sinteranlage? In der Erlebniswelt Völklinger Hütte werden diese und andere Fragen auf einem faszinierenden Rundgang beantwortet.
Weltkulturerbe Völklinger Hütte – Ausflugsziel in Rheinland-Pfalz und Saarland für Technikfans und Kunstliebhaber
Wie oft haben wir uns vorgenommen, während eines unserer Aufenthalte im Hotel Kloster Hornbach einen Ausflug zum Weltkulturerbe Völklinger Hütte zu machen. Bisher ist immer etwas dazwischengekommen… Schönes Wetter und ein Spaziergang, z.B. auf dem Paradiesgartenweg. Oder schlechtes Wetter und ein Besuch im Outlet Zweibrücken. Oder einfach nur den Tag im Kloster Hornbach oder im Lösch für Freunde genießen.
Aber heute ist es soweit. Um es vorwegzunehmen, die Völklinger Hütte ist eines der schönsten Ausflugziele, ein Highlight der Region Saarland und Rheinland-Pfalz. Wir erleben einen perfekten Tag in einem außergewöhnlichen Wahrzeichen der Industriegeschichte.
Ausflugstipps Rheinland-Pfalz und Saarland – Von der Chinesischen Mauer zur Völklinger Hütte
Die Völklinger Hütte ist eine von derzeit nur 43 Weltkulturerbestätten der UNESCO in Deutschland und die erste Industrieanlage, die es geschafft hat, in die Liste aufgenommen zu werden. Sie steht damit auf einer Stufe mit der Chinesischen Mauer, den Cheopspyramiden und dem Kölner Dom und gehört zu dem erlesenen Kreis von derzeit 869 Weltkulturstätten.
Darüber hinaus ist sie Standort von wechselnden Ausstellungen vor einer ursprünglichen Industriekulisse. Und an den Rändern und Ecken hat sich die Natur ihr Terrain zurückerobert, und inmitten einer Industriebrache gibt es Ecken fast ursprünglichen Grüns.
Ausflüge in Rheinland-Pfalz und im Saarland – Anfahrt zur Völklinger Hütte
Vom Hotel Kloster Hornbach aus erreicht man Völklingen über die A8, A6 und A620 Richtung Saarbrücken, Ausfahrt Völklingen-Geislautern. Die 62 km lange Fahrt dauert ca. 50 Minuten.
Bereits von der Autobahn aus sieht man zunächst das noch aktive Stahlwerk der Saarstahl AG und kurz danach die alte Industrieanlage. Wie ein rostiger Gigant aus vergangenen Tagen der Montanindustrie ragt sie in den Himmel.
Kunstausstellungen in Rheinland-Pfalz – Ausflugstipps
Nicht weniger beeindruckend ist die über sechs Meter hohe rote Skulptur von Ottmar Hörl vor dem Eingang auf dem Völklinger Platz. Die Skulptur, die einem Hüttenarbeiter mit Helm und Arbeitskleidung nachempfunden ist, blickt Richtung der Anlage, die einst einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region war. 100 weiteren, wenn auch kleineren dieser Figuren begegnen wir auf unserer Besichtigung des Stahlwerkes immer wieder. Die Ausstellung „Second Life – 100 Arbeiter“ ist noch bis zum 31.12.2019 zu sehen.
Die Völklinger Hütte – Gebläsehalle, Sinterhalle und das UNESCO Besucherzentrum
Der zwei- bis dreistündige Rundweg führt über die Gebläsehalle, in der alte, riesige Großgasmaschinen betrieben wurden, in die Sinterhalle. In dem dort untergebrachten UNESCO Besucherzentrum bekommen Interessierte in einer Multimedia-Einführung die Funktionsweise der einzelnen Anlagenteile erklärt und erleben eine Zeitreise von den Anfängen der Völklinger Hütte im Jahr 1873 bis zur Schließung des Werkes im Jahr 1986.
Mitten im Bauch des Kolosses stehend, umgeben von riesigen Maschinen und riesigen Rohrleitungen bekommen wir ein Gefühl dafür, wie hart, gefährlich, laut und schmutzig die Arbeit hier gewesen sein muss. Eine entfesselte Bestie bei laufendem Betrieb war das Stahlwerk – Segen und Fluch zugleich für die Arbeiter und den Wohlstand der Stadt.
Auch heute lässt sich noch an ein paar versteckten Ecken alter, zentimeterdicker Staub entdecken und das nach über 30 Jahren. Es wirkt fast so, als hätten die Arbeiter gestern ihre Arbeit niedergelegt um morgen wiederzukommen. Doch es begrüßen uns nur die kleinen Hüttenarbeiter von Ottmar Hörl, die untätig und zuweilen auch recht verloren einzeln oder in Gruppen vor den Maschinen herumstehen, die sie einst rund um die Uhr bedienen mussten.
Die Völklinger Hütte – Möllerhalle, ehemaliges Rohstofflager und einmalige Kulisse für wechselnde Kunstausstellungen
In der riesigen Möllerhalle, in der früher 12.000 Tonnen Erz und Zuschlagstoffe gelagert wurden, sind Bilder des Fotografen Barry Cawston zu sehen. Er fungierte als offizieller Fotograf der von Bansky geschaffenen Kunstwelten „Dismaland“ und „Walled Off Hotel“. Die Szenerie der übergroßen Beton- und Ziegelwände in Kombination mit den teilweise schrill-bunten, provokanten Fotografien, die sich in einzelnen Nischen der Möllerhalle in endloser Folge aneinanderreihen, bildet einen faszinierenden Kontrast. Alle weiteren Kunstausstellungen vor dieser einmaligen Kulisse sollte man sich in jedem Falle anschauen!
Die Völklinger Hütte – Von der Gichtbühnen zur Aussichtsplattform
Nach der Kunst geht es hoch hinaus. Je nach Abenteuerlust oder Höhenangst auf die Gichtbühne in 27 Meter Höhe, auf der Hängebahnwagen liefen, die die sechs Hochöfen mit den Rohstoffen befüllten. Hier hat meine Frau ihren „James-Bond-Moment“, denn in den übergroßen Wagen, die ratternd und schwankend zu ihrem Bestimmungsort fuhren, hätte sich „Beißer“ aus „Moonraker“ auch prima verstecken können, um den Agenten im Auftrag Ihrer Majestät aufzulauern.
Danach trauen wir uns auf die Aussichtsplattform in 45 Meter Höhe, die einen faszinierenden 360-Grad-Blick über die Weltkulturerbestätte, die Stadt und die Industrieanlagen an der Saar bietet.
Beeindruckend ist auch, wie die Natur der Umgebung sich dem Rohstoffhunger der Industrie anpassen musste. So erheben sich im Hintergrund die beiden zirka 90 bzw. 130 Meter hohen Schlackenhalden „Hermann“ und „Dorothea“, die die Völklinger Bürger zu Ehren von Hermann Röchling, dem Eigentümer der Völklinger Hütte, und seiner Frau Theodora so nannten.
Die Völklinger Hütte – gelungene Renaturierung: von der Industriebrache zum grünen Paradies
Vom Himmel der Aussichtsplattform – wer nicht schwindelfrei ist, sollte beim Abstieg am besten stur geradeaus schauen – steigen wieder hinab auf die Abstichebene, wo das flüssige Roheisen abgelassen wurde und begeben uns weiter in die ehemalige Hölle der Kokerei.
Dort, wo bis in die 80er Jahre bei beißendem Rauch und großer Hitze aus Steinkohle der Koks für die Hochöfen gewonnen wurde befindet sich jetzt das „Paradies“. Nachdem das Areal der Kokerei fast 25 Jahre unberührt blieb, wurde hier ein einzigartiger Landschaftsgarten angelegt, der auf 1.000 Meter neu angelegten Wegen einen ganz anderen Blick auf die Hochöfen und die Koksbatterien erlaubt.
Während wir durch das Grün mit blühenden Büschen und Blumen spazieren und sehen, wie sich die Natur noch die lebensfeindlichste Stätte wieder Stück für Stück zurück erobert, vergessen wir für einen Moment kurz, welches schlafende stählerne Ungeheuer in unserem Rücken lauert.
Nach dem kurzen Aufenthalt im „Paradies“ gehen wir auf einer Art „Panoramaweg“ langsam Richtung Ausgang. Vorbei am Schrägaufzug, über den die Hängebahnwagen liefen, werfen wir noch einmal einen einzigartigen, letzten Blick auf die Anlage, bevor wir müde, aber überwältigt von den gewonnenen Eindrücken, die Heimreise ins Kloster Hornbach antreten.
Wie schön ist diese stille Oase mit duftendem Lavendel im Kräutergarten. Und auch hier finden wir uns wieder an einem unbeschreiblichen Ort, an dem Geschichte auf Gegenwart trifft, wenn auch in ganz anderer Form.
Unser Fazit
Der Ausflug zur Völklinger Hütte was sehr schön und sehr interessant. Wie würden den Besuch des Weltkulturerbes jedem wärmstens empfehlen. Es ist nicht nur ein Ausflug für Männer und Technikfans, sondern ebenso interessant für Kunstliebhaber und die ganze Familie. Selbst meine Frau, die sonst nicht mit ins Deutsche Museum mag, war begeistert.
Tipp: Die Aussicht ist sensationell, aber nur für Schwindelfreie ohne Höhenangst.
Öffnungszeiten Völklinger Hütte:
April bis 3. November: Täglich 10-19 Uhr
4. November bis 4. April: Täglich 10 – 18 Uhr
Geschlossen am 24./25./31.12.
Eintrittspreise Völklinger Hütte:
Normal: 17,00 €
Ermäßigt: 15,00 €
2 Tageskarte für 20 €
Dienstag-Nachmittag-Special: ab 16.00 Uhr: Eintritt frei
Jugendliche und Schüler bis 18 Jahre: frei
Studierende, Schüler und Auszubildende (bis 27 Jahre, mit gültigem Ausweis): frei
Adresse Völklinger Hütte:
Weltkulturerbe Völklinger Hütte
Europäisches Zentrum für Kunst- und Industriekultur
66333 Völklingen
Kontakt:
Telefon: +49 6898-9100 100
E-Mail: visit@voelklinger-huette.org
Web: www.voelklinger-huette.org
Ein Ausflug in die Funktionsweise eines Stahlwerkes
Für alle, die wissen wollen, wie ein Stahlwerk funktioniert und welche Bereiche es dort zu entdecken gibt, haben wir versucht, die wichtigsten Anlagenteile der Völklinger Hütte möglichst einfach zu erklären.
Was ist ein Hochofen? Wie funktioniert ein Hochofen?
Ein Hochofen ist eine Anlage, in der Eisenerz bei Temperaturen bis zu 2000°C in flüssiges Roheisen umgewandelt wird. Dazu wird der Hochofen von oben abwechselnd mit einer Schicht aus Eisenerz, Koks sowie Zuschlagsstoffen wie Kalk, Salz oder Sand befüllt oder „beschickt“, wie die Fachleute sagen. Erz und Koks wandern von oben nach unten durch den Hochofen.
Dabei werden sie zunächst vorgewärmt, dann reduziert und zuletzt geschmolzen. Das geschieht, indem über 1000°C heiße Luft eingeblasen wird, die durch die verschiedenen Schichten im Hochofen nach oben wandert. Der Sauerstoff der Luft reagiert mit dem Koks und liefert zum einen die notwendige Energie, um Eisen und Schlacke zu schmelzen, zum anderen wird so das Kohlenmonoxid erzeugt, mit Hilfe dessen das Erz zu Eisen reduziert wird.
Das flüssige Roheisen sowie die auf ihm schwimmende Schlacke sammeln sich unten im Hochofen und werden in regelmäßigen Abständen abgestochen. Die heiße Luft wandelt sich auf dem Weg durch den Hochofen in Gichtgas, ein Gemisch aus Stickstoff, Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und Wasserstoff um, das am oberen Ende des Hochofens entweicht. Das Roheisen wird in weiteren Anlagen des Stahlwerks, den Konvertern und Elektroschmelzöfen, zu Gusseisen sowie höherwertigem Stahl weiterverarbeitet.
Der Hochofen besteht (von oben nach unten) aus dem Schacht, dem Kohlensack, der Rast und dem Gestell. Er kann eine Gesamthöhe von bis zu 90m und einen Durchmesser von über 14m haben.
Was ist ein Möller? Was ist eine Möllerhalle?
Der Möller ist ein Gemisch aus Erz und Zuschlagsstoffen. Die Zuschlagstoffe sollen den Schmelzpunkt des Eisens verringern und wandeln sich ihrerseits zu Schlacke um. Je nach der Beschaffenheit des Erzes werden verschiedene Zuschlagstoffe wie Kalk, Salz oder Sand verwendet. Das Mischen der Rohstoffe nennt man möllern. In der Völklinger Hütte konnten in der Möllerhalle 12.000 t Rohstoffe gelagert werden.
Was ist eine Sinteranlage? Was ist sintern?
Beim Sintern werden feinkörnige Stoffe bei höheren Temperaturen miteinander verbacken. Das geschieht entweder unter erhöhtem Druck oder mit Hilfe von zugegebenen Bindemitteln. Beim Sintern nehmen Porosität und Volumen ab und die Festigkeit zu.
In einer Vorstufe des Hochofenprozesses werden Feinerze, die ansonsten nicht verarbeitet werden können und quasi Abfall wären, mit Zuschlagstoffen sowie Koks als Brennstoff auf dem Rostband gemischt und gezündet. Durch die entstehende Wärme verschmelzen die Körner an den Korngrenzen und bilden eine feste Verbindung, den Sinterkuchen, der am Ende der Sinteranlage wieder in grobe Stücke aufgebrochen wird.
Was ist die Kokerei und warum benötigt ein Stahlwerk Koks?
Zu Beginn der Eisenerzeugung wurde Holzkohle, unbehandelte Braun- oder Steinkohle für die Verhüttung verwendet. Für moderne Prozesse sind die mit diesen Brennstoffen erzielbare Temperaturen nicht ausreichend. Verunreinigungen im Brennstoff beeinträchtigen zudem die Qualität des Roheisens.
In der Kokerei werden die flüchtigen Bestandteile der Kohle bei Temperaturen von bis zu 1400°C unter Luftabschluss entfernt. Im Koks bleiben der Kohlenstoff und die mineralischen Anteile der Kohle zurück. Aus dem Kokereigas, also den flüchtigen Bestandteilen der Kohle, gewinnt man Rohmaterialien für die chemische Industrie.